Apfelmännchen
Inhalt dieser Seite
Was ist ein Apfelmännchen?
Mathematischer Hintergrund
- Vom Punkt zur Folge
- Fünf Punkte und ihre Folgen
- Von der Folge zur Farbe
- Computereinsatz
Erster Umgang mit Fractint
Julia-Mengen
Apfelmännchen im Internet
Referenzen
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Was ist ein Apfelmännchen?
....... Die nebenstehende liegende schwarze Figur in der Mitte heißt nach ihrer Form Apfelmännchen oder nach ihrem Entdecker Mandelbrotmenge. 
Das Bild liegt in einem Koordinatensystem im Bereich 
-3 < x < 2 und -2 < y < 2. 
Die Computergrafik wird von farbigen Punkten gebildet. Die jeweilige Farbe wird aus den Koordinaten errechnet (Näheres siehe unten).
Das Besondere ist der gefranste Rand des Apfelmännchens. Er ist reich an Mustern. Greift man ein kleines Rechteck aus dem Randbezirk heraus und bestimmt nach den Formeln des Apfelmännchens farbige Punkte, so ergeben sich vielfältige, farbenreiche Muster, die sich je nach der Wahl der Randstelle stark unterscheiden.
...... Das Beispiel findet man im Bereich 

- 0.37465401 < x < - 0,37332411 und 

+0.659227668 < y < +0,66020767. 


Mathematischer Hintergrund top

(Man kann dieses Kapitel auch überschlagen und bei Erster Umgang mit Fractint fortfahren.)
Kurzfassung: Zu jedem Punkt wird eine Folge bestimmt. An der Folge wird eine Zahl abgelesen. Diese Zahl ist in einer Farbskala die Kennzahl einer Farbe, die der Punkt erhält.



Vom Punkt zur Folge top
Setzt man komplexe Zahlen voraus, so heißt die Rekursionsformel der Folge zn+1=zn² + c. 
Dabei ist c=x1 + y1*i die Zahl, für die eine Farbe bestimmt werden soll.
z0=0 ist die Anfangszahl. 
Die Folge ist |zn|. 
Da viele mit komplexen Zahlen nicht vertraut sind, wähle ich den Weg über die reellen Zahlen.

Die folgenden Formeln werden für das Apfelmännchen verwendet. 
xn+1 = xn²-yn² + x1 und yn+1 = 2*xn*yn+ y1 und an+1 = SQRT(xn+1² + yn+1²) mit n = 0,1,2,3,... und x0=y0=0
(SQRT = Wurzel aus).

Die Rechnung wird am Beispiel des Punktes P1(x1|y1) = P1(-0.40|0.70) erklärt:

Ausgangspunkt ist für jeden Punkt der Nullpunkt N(0|0).
Es gilt x1 = x0²-y0² +x1 = 0-0+x1 = x1und y1= 2*x0*y0 + y1= 2*0*0+y1= y1
a1 = SQRT(x1² + y1²) = SQR[(-0.40)² + 0.70²] =0.81.
a1 ist die Entfernung des Punktes P1 vom Nullpunkt des Koordinatensystems.

Das zweite Glied der Folge errechnet sich aus den Koordinaten des Ausgangspunktes P1.
Dazu bestimmt man für einen zweiten Punkt zwei neue Koordinaten 
x2 = x1²-y1² +x1 =  (-0.40)² - 0.70² + (-0.40) = -0.73 und   y2= 2*x1*y1 + y1= 2*0*0+y1  = 2*(-0.40)*0.70+0.70 = 0.14. 
Daraus ergibt sich a2 = SQRT(x2² + y2²) = SQRT[(-0.73)² + 0.14²] = 0.74.

Das nächste dritte Glied der Folge errechnet sich aus den Koordinaten des vorhergehenden Punktes und des Ausgangspunktes.
Dazu berechnet man für einen dritten Punkt zwei neue Koordinaten 
x3 = x2²-y2² +x1  = (-0.73)² - 0.14² + (-0.40) = 0,11 und  y3= 2*x2*y2 + y1 = 2*(-0.73)*0.14+0.70 = 0.50. 
Daraus ergibt sich a3 = SQRT(x3² + y3²) = SQRT (0.11² + 0.50²) = 0.51.

Auf diese Weise erhält man für den Ausgangspunkt P1(-0.40|0.70) die Folge
 0.81, 0.74,  0.51,  1.0,  0.74,  1.1,  1.8,  2.4, ...



Fünf Punkte und ihre Folgen    top
Die folgende Tabelle hält die Folgen zu fünf Punkten (Beispiele) fest, die nach der gleichen Methode bestimmt worden sind.
.
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Nr. der Folge:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13

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(0.20|0.20)

1.Folge:
0.23
0,34
0.35
0.33
0.30
0.30
0.31
0.32
0.32
0.31
0.31
0.31
...

(0.10|0.65)

2.Folge:
0.66 
0.84 
0.44 
0.57 
0.91 
0.83 
0.38 
0.70 
1.0
0,77
0.83
1.3 
2.1
...
.

(-0.40|0.70) 

3.Folge:
0.81
0.74
0.51
1.0
0.74
1.1
1.8
2.4
4.9
24 
560 
320 000
...

.

(0.50|1.30)

4. Folge:
1.4
2.8
6.5
43
1900 
3 500 000
...
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(2|2)

5. Folge:
3.6
16 
260 
68 000
...
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Alle Zahlen werden auf 2 Ziffern gerundet. Das ist übersichtlicher.

Die erste Folge ist konvergent und strebt gegen 0.31. (Die Punkte mit konvergenten Folgen bilden das Apfelmännchen.)

Die übrigen Folgen sind offenbar divergent. Die Glieder der Folge gehen über alle Grenzen, allerdings unterschiedlich stark. 



Von der Folge zur Farbe top
Überschreitet ein Glied der Folge die Zahl 2 (rot), so ist anzunehmen, dass die Folge über alle Grenzen geht. Das stimmt in etwa mit der Erfahrung überein. 
Wird nun 2 überschritten, so wird die Nummer des vorhergehenden Gliedes notiert. Sie wird Kennzahl in einer Farbskala. 
Diese Zahlen werden für die fünf Punkte oben in der folgenden Tabelle festgehalten: 
Punkt:
Farbe:
(0.2|0.2)
schwarz
(0.10|0.65)
12
(-0.40|0.70)
7
(0.50|1.30)
1
(2|2)
0
Dem ersten Punkt mit der konvergenten Folge wird willkürlich die Farbe schwarz zugeordnet. Das führt zu einem schwarzen Apfelmännchen.
Vorausgesetzt, es steht  eine Farbskala mit 10 Farbstufen (0 bis 9) zur Verfügung. Ist eine Kennzahl größer als 9, so nimmt man die Zehnerreste. Beispiel: An Stelle von 12 in der zweiten Folge wählt man 2.

Jetzt können die Punkte gezeichnet werden.


Computereinsatz  top
Der bisher dargestellte mathematische Hintergrund führt zu der Bearbeitung eines riesigen Zahlenmaterials. Für jeden Punkt muss eine Folge berechnet und ausgewertet werden. Das kann nur ein Computer bewältigen. 

Der Computer kann einen Fehler nicht vermeiden: Er kann nur endlich viele Glieder einer Folge berechnen. Untersucht der Computer zum Beispiel nur 50 Glieder, so kann es vorkommen, dass 2 nicht überschritten wird, dass aber trotzdem eine divergente Folge vorliegt. Der Fehler wird gemildert, wenn mehr Glieder (z.B. 500) berechnet werden. 

Fast jeder, der programmiert und an Computergrafik interessiert ist, hat sich schon am Apfelmännchen  versucht (siehe erstes Bild oben). Es ist ein schönes Erlebnis, wenn ein relativ einfaches Programm zum ersten Mal, früher nach Stunden, das komplizierte Apfelmännchen hervorbringt (C64-Nostalgie!).

Jeder Programmierversuch verblasst gegenüber dem zum Standard gewordenen Programm Fractint für Windows (Winfract), das von der "Stone Soup Group" entwickelt worden ist.


Erster Umgang mit Fractint top
Will man sich mit dem Apfelmännchen beschäftigen, muss man unbedingt dieses Programm einsetzen. Ich beschreibe auf dieser Seite die Version 18.21. Das Programm ist Freeware. Copyright: (c) 1990-1993 The Stone Soup Group. Es ist im Internet verfügbar. Zugang erlangt man über http://de.wikipedia.org/wiki/Fractint.

Nach dem Start des Programms erscheint das Apfelmännchen. Man muss als erstes mit View/Image Settings... eine passende Auflösung einstellen, damit der Bildschirm ausgefüllt wird.

Man erzeugt mit der Maus ein kleines Rechteck und verschiebt es mit gedrückter Maustaste in ein Randgebiet. Dann drückt man die Eingabetaste. Es erscheint eine neue Grafik, die den Bildschirm ausfüllt. Man sucht sich bei Bedarf ein neues Gebiet heraus und drückt wieder die Eingabetaste. Die Bilder reproduzieren sich. Man bemerkt "Selbstähnlichkeiten".
....... Immer wieder entdeckt man dunkelblaue Flecken, die sich nach Vergrößerung als neue Apfelmännchen entpuppen. Oft sitzt der Kopf schief. 
Fundstelle: 
0.435396403 < x < 0.451687191
0.367981352 < y < 0.380210061
Ein schönes winterliches Hintergrundbild für den PC findet man an der Stelle 
-0.567709792 < x < -0.557685031 und 0.638956191 < y < 0.646482313
Dazu wird mit Colors/Load Color Map.../altern.map eine Farbskala in Grau eingestellt.

Speichert man eine Grafik, so werden praktischerweise auch die Koordinaten der Rechtecke gesichert. Man findet sie unter View/Status. 

Die Koordinaten werden angezeigt mit View/Coordinate Box.

Die Koordinaten eines Rechtecks können neu eingegeben werden unter Fractals/Fractal Params... .

Vor einer neuen Suche muss man Fractals/Reset all Options wählen.
 
...... Oft ist es günstig, unter Fractals/Basic Options bei Maximum Iteration die Anzahl der Glieder einer Folge zu erhöhen. Statt der eingestellten Anzahl 150 sollte man 500 oder gar 1000 wählen (s.o.). Die Grafik zeigt dann mehr Einzelheiten, wie das linke "animated Gif" zeigt.
...... Besonders schöne Bilder mit vielen Details findet man in den drei weißen Rechtecken bei ausreichender Vergrößerung. 

Das Programm ermöglicht über die Erzeugung des Apfelmännchens hinaus einen Gang durch die fraktale Geometrie. Dazu muss man unter Fractals/Formula... neue Formeln einstellen. 


Julia-Mengen    top
Drückt man im Programm Fractint die rechte Maustaste, so erhält man punktsymmetrische Juliamengen. Ein zweiter Tastendruck führt zum Apfelmännchen zurück. Jedem Punkt der Apfelmännchengrafik ist eine andere Juliamenge zugeordnet.

Unten sind drei Juliamengen dargestellt. Die Bilder gehören von links nach rechts zum Inneren, zum Randgebiet und zum Äußeren des Apfelmännchens.
Im mittleren Bild stößt man auf detailreiche Muster mit großer Bildertiefe.
 
Die Julia-Mengen werden mit den gleichen Formeln wie oben berechnet, jedoch mit anderer Handhabung. 
In xn+1 = xn²-yn² +x0' und yn+1 = 2xn*yn+y0' und an+1 = SQR(xn+1²+yn+1²) wird für P(x0'|y0') der Punkt gewählt, dessen Koordinaten man mit Mausklick wählt. In der Rekursionsformel werden die Anfangswerte (x0,y0) als die Koordinaten des Punktes, dessen Farbe man bestimmen will, gesetzt. 
Man gelangt in Fractint auch zu Juliamengen, indem man Fractals/Formula... Julia anwählt. Jetzt ist es möglich, exakt zwei Koordinaten anzugeben. Dazu ist der Mauszeiger unter Mandelbrot ungeeignet.


Verwandte Webseiten meiner Homepage

Langton-Ameise

 
 

Game of Life



Hüpfer


Apfelmännchen im Internet  top

Deutsch

Albert Kluge
Das fraktale Apfelmännchen (Mandelbrot-Menge) als Java-Applet

Alexander F.Walz
Die Mandelbrotmenge

Christian Gloor 
Fractals

Christian Symmank
Bilder der Mandelbrot Menge

Hanno Rein
Mandelbrot und Julia     (Applet) 

Manfred Thole
Apfelmännchengalerie
Apfelmännchen, erzeugt in sechs Programmiersprachen:  Java-Code, PostScript-Code, TeX/LaTeX-Code, C-Code, Mathematica-Notebook, Macsyma-Code

Stefan Bion
Apfelmännchen in JavaScript

Thomas Hövel
wincig (Fraktalprogramm zum Herunterladen)

Wikipedia
Mandelbrot-Menge, Fractint



Englisch

Eric W. Weisstein
Mandelbrot Set 

Jules Ruis
Centre for Fractal Design and Consultancy

M. Eric Carr 
Mandelbrot Zoom  (Video at youtube)

Michael Frame, Benoit Mandelbrot, and Nial Neger
Fractal Geometry

Robert Munafo
Mu-Ency - The Encyclopedia of the Mandelbrot Set

Wikipedia
Mandelbrot set, Fractint


Referenzen   top
T.Wegener, M.Peterson, B.Tyler, P.Branderhorst: Fraktale Welten für Windows, München 1993
James Gleick: Chaos - die Ordnung des Universums, Knaur München 1988


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URL meiner Homepage:
https://www.mathematische-basteleien.de/

©  2000 Jürgen Köller

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